Geschlechtsdysphorie

Unter dem Begriff "Geschlechtsdysphorie" wird im amerikanischen Diagnosen-Schlüssel DSM 5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Auflage) der Leidensdruck auf Grund der Diskrepanz zwischen dem körperlichen Geschlecht und dem subjektiven Zugehörigkeitsempfinden zu einem anderen Geschlecht verstanden. Die Betroffenen verstehen sich zu Recht nicht als psychisch krank. Aus diesem Grund steht die Zuordnung des "Transsexualismus" zu den psychischen Störungen in der Internationalen Klassifikation medizinischer Fachbegriffe ICD 10 seit langem in der Kritik. In der Neuauflage ICD 11 der WHO (Weltgesundheitsorganisation) wird die Problematik in einem eigenen Kapitel geführt werden.

 

Viele Betroffene leiden unter einer enormen psychophysischen Stress-Belastung, die neben den medizinischen Behandlungen eine Psychotherapie erforderlich machen kann.

 

Nach heutigem Verständnis ist die psychotherapeutische Haltung affirmativ, d. h. sie unterstützt aktiv die Erarbeitung und Umsetzung des individuell angestrebten Lebenskonzepts.

 

In der modernen Verhaltenstherapie wird die transsexuelle Identität nicht mehr als Störung, sondern als Ausgangspunkt für die Behandlung spezifischer Bedürfnisse angesehen. Maßgeblich ist für die Therapiebedürftigkeit nicht das „Anderssein“, sondern der Leidensdruck, der aus der Diskrepanz zwischen den körperlichen Gegebenheiten und dem davon abweichenden Geschlechtszugehörigkeitsempfinden resultiert. Die Psychotherapie ist ein Baustein im Rahmen eines interdisziplinären Behandlungsansatzes.

 

Die Erforschung, Akzeptanz und Festigung der transsexuellen Identität sowie deren Integration in den eigenen Lebensweg sind zentrale Bestandteile der Behandlung.

 

Die Verhaltenstherapie kann von ihrer Methodik her beim Coming Out und beim Geschlechtsrollenwechsel Unterstützung anbieten. Dabei können in Abhängigkeit von den Bedürfnissen des Einzelfalls folgende Ziele im Vordergrund stehen:

  • Emotionsarbeit zur Verringerung von Ängsten und Schamgefühlen,
  • Förderung der Selbstakzeptanz,
  • Wahrnehmungsschulung zur Verbesserung der Selbstwahrnehmung,
  • Verbesserung der sozialen Kompetenz und der Selbstsicherheit und/oder
  • die Unterstützung der Alltagserprobung in der neuen Geschlechterrolle.  

Darüber hinaus ist die Informationsvermittlung über die geschlechtsangleichende Hormonbehandlung, das Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) und über operative Behandlungsmöglichkeiten Teil der Behandlung.